Barstow - Williams

Barstow - Williams

Ihr Lieben,

Fehlendes Wifi, vor allem aber zwei Sonnenaufgänge hielten mich davon ab, meine morgendliche Tradition, den Vortag durch den Schlaffilter gezogen schriftlich Revue passieren zu lassen, fortzuführen.

Soweit läuft alles nach Plan und Teil des Planes war: ich muss Kilometer schrubben, und das tat ich vorgestern. Von morgens bis abends, weiss nicht mehr wie viele es waren aber es waren viele.

Doch fahren und reisen in Amerika ist eben doch anders und entspannter. 

Ich fuhr, raus aus der Ghost Area in Barstow hinein in weitere Weiten, den Highway 40 entlang. 

Ich weiss nicht ob ich mich an die Weite inzwischen etwas gewöhnt habe, nicht mehr zum staunen verdammt war oder ob die trockenen Berge und Täler eben doch nicht mehr so spektakulär waren. 

Entlang der Mojave Wüste, änderte sich meine Gelassenheit dann doch etwas hin zu Aufregung, Neugierde, Phantasie aber auch Bedenken und Angst.

Das Thermometer stieg und war irgendwann bei 42 Grad. Spätestens da fühlte ich mich in meinem bisher so treuen Auto wie in einem Taucheranzug, absolut abhängig zum reisen in dieser Umgebung. 

Gut, hinter mir waren Autos und vor mir auch, doch zum Automechaniker mit Aircon aus und Heizung an wenn der Motor überhitzt ist (hab ich gelesen !) will ich nun wirklich nicht werden. 

Ich machte die Musik lauter und lenkte mich ab ( Blank and Jones - sehr angenehm und chillig, drückte mir Lufthansa auf dem Hinflug auf die Hörer und lud ich mir dann hier herunter). 

Verpasste die parallel verlaufende Route 66, eigentlich war die eh erst später auf meinem Plan. Ich sah die paar Fahrzeuge die darauf fuhren, und wie sie gefühlter maßen eine Staubwolke hinter sich herzogen. Also dachte ich gut so, da gibt es nur Schotter, langsamer fahren, und frühere Zeiten, und rauf und runter kommt man da eh nur so aller 200km. 

Eine weitere Abfahrt fing mich dann doch und dann stand ich da an der Kreuzung mit einer in die Unendlichkeit führenden Strasse. Vor diesem durchlöcherten, ausgebesserten grauen Asphalt, und dem Gefühl von noch mehr Hitze und Einsamkeit am Horizont.

Doch kamen mir indem schon die ersten Wohnzimmergroßen Motorräder entgegen und so ging ich aufs Pedal. 

Ja es war heiss, ja ich war auch wieder allein, aber ja es war schon ein tolles Gefühl. 

Zumindest dieser Teil des Highways ist wirklich nur noch der Nostalgie wegen vorhanden, entsprechend waren die Fahrgäste. Es waren nicht viele, aber ein paar.Ich fragte mich, was die auf die Route 66 getrieben hat, vermutlich fuhren sie alle in das Gefühl von Freiheit, Grenzenlosigkeit, Geschichte, Spaß und Spleen. So wie ich. Das war schon schön. Ulkig, was so eine markierte Strasse auslösen kann.

Irgendwann gelangte ich auf einen erneuerten Teil der Route 66 mit pechschwarzem Asphalt. Ich stieg aus dem Auto und tastete kurz auf den Asphalt der einer Herdplatte glich. Ich bekam Angst um meine Reifen und bewegte mich schissig wieder zurück auf die einer Autobahn ähnelnden Interstate 40. In Gedanken blieb ich noch auf der Route 66 hängen, dachte an die früheren Kutschen und über die Wege und Reisen der Amerikaner nach. Von damals zu jetzt. Man sieht so imposante Gefährte, wie Pick ups mit Wohnwagen oder gar Wohnwagen mit hinten abgehangenen Autos und die ewig langen Züge hatte ich auch ganz vergessen. Einmal schaffte ich einen vorbei fahrenden Zug zu filmen. 1:22 Minuten bis er mit ca 80 km/h an mir vorbei gefahren war. 1:22 waren zu lang für mein Handy. 

Ich zählte die Waggons und zählte die eines weiteren Zuges. 93 bei dem einen, 94 bei dem anderen. 93 bzw 94 Waggons und 3 bis 4 Loks vorne an. Herrlich! Ja es ist eben anderes hier. 

Und ich dachte über die Weite nach und was die Enge bei uns im Vergleich dazu bewirkt. Ob unsere Enge zu mehr Rücksichtnahme führt und ob man aber im Gegenzug dazu den Amerikaner als großspurig und überheblich deklarieren darf. Und ja, Kalifornien ist größer als Deutschland und wenn ich gefragt werde wo ich herkomme sage ich meist Europe, fair enough, so sprechen wir eine Weitensprache. 

Dann kam das Schild Arizona. Ich wollte der Map folgend an einem See halten und baden gehen, doch falsch vorgestellt, baden war nicht, also zurück in die Hitze, auf den Highway mit seinen kargen Hügeln und etwas grünlosem Gestrüpp. Später fuhr ich auf mein geplantes Stück 66 und machte damit den ersten Abstecher in das Land der Hualapai, ein paar km weiter das der Yavapai. Und wieder Weite und in der Ferne ein paar Häuschen. So schlecht sahen die nicht aus im Vergleich zu dem was ich vorher sah. Das änderte sich aber auch wieder. Gesehen habe ich kaum Menschen und erst recht nicht mit Feder am Kopf. Man wird ausführlich darauf hingewiesen dass man jetzt das Land des jeweiligen Stammes betritt. Ein wenig wirkte das auf mich wie kurz vor `betreten verboten`. Vielleicht empfinde ich das aber auch nur, blieb jedoch im Auto. Es hätte mich schon interessiert, was die so machen, wovon sie leben und wie das eigentlich alles so war, denn weiter fahrend war für mich unvorstellbar, warum sich in solch einem riesigen Land mit solcher Weite, Menschen gegenseitig den Grund und Boden streitig machen. 

In Seligmann traf bzw sah ich an der Tanke die ersten Freaks, vielleicht war es doch ein Zufall, doch kurz dachte ich, ich bin eben nicht mehr in Kalifornien sondern kurz vor dem nächsten Abenteuer Grand Canyon, fuhr noch 40 Meilen weiter bis nach Williams, hielt auf einem Parkplatz und schlief sofort für eine weitere Nacht in meinem so lieb gewonnenen, zum Schlafplatz umfunktionalisierten Auto ein. 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0